Auf dem 39. World Congress vom 7.-9. April 2023 in Brasília (BRA) verabschiedet die FIVB unter Leitung von FIVB Präsident Dr. Ary Da Silva Graça Filho das so genannte “VolleyRe:form 2025“ Regelpaket. Dieses sieht u.a. folgende Regeländerungen vor:

  • Die Länge der Sätze wird von 25 auf 15 Punkte verkürzt, mit einem Vorsprung von mindesten zwei Punkten. (Regel 6.2.)
  • Gespielt wird im best-of-nine Modus, äquivalent wie z.B. beim Tischtennis (Regel 6.3.1)
  • Der Libero kann als Aufschlagspieler fungieren (Regel 20.3.1.3)
  • Ein Hinterspieler darf nach dem Angriffsschlag nicht in der Vorderzone landen (Regel 14.2.2.2)

Die Regeländerungen der „VolleyRe:form 2025“ im Wortlaut (aus dem Englischen übersetzt)

Regeländerungen den Punkt-, Satz-, und Spielgewinn betreffen

6.2 SATZGEWINN
Gewinner eines Satzes (ausgenommen der entscheidende 9. Satz) ist die Mannschaft, die als erste 15 Punkte mit einem Vorsprung von mindestens zwei Punkten erzielt. Im Falle des Gleichstandes von 14-14 wird das Spiel fortgesetzt, bis ein Vorsprung von zwei Punkten erreicht ist (16-14; 17-15; …).
6.3 SPIELGEWINN
6.3.1 Gewinner des Spiels ist die Mannschaft, die fünf Sätze gewinnt.
6.3.2 m Falle eines 4-4-Gleichstands wird der entscheidende (9.) Satz bis 11 Punkte gespielt, wobei ein Vorsprung von zwei Punkten zu erreichen ist.
6.4. NICHTANTRETEN UND UNVOLLSTÄNDIGE MANNSCHAFT
6.4.1 Wenn sich eine Mannschaft trotz Aufforderung weigert zu spielen, wird sie als nicht angetreten erklärt und verliert das Spiel mit dem Ergebnis 0-5 für das Spiel und 0-15 für jeden Satz.

Regeländerungen die den/ die Libero/a betreffen

20.3 AKTIONEN MIT BETEILIGUNG DES LIBEROS/ DER LIBERA
20.3.1 Spielaktionen
20.3.1.3 Er/ Sie darf weder aufschlagen, blocken noch einen Blockversuch durchführen.

Regeländerungen die den Angriff eines/r Hinterspielers/in betreffen

  1. ANGRIFFSSCHLAG
    14.2. EINSCHRÄNKUNGEN FÜR DEN ANGRIFFSSCHLAG
    14.2.2. Ein/e Hinterspieler:in darf einen Angriffsschlag in jeder Höhe ausführen, wenn dieser hinter der Vorderzone erfolgt.
    14.2.2.2 nach dem Schlag darf der/die Spieler:in nicht in der Vorderzone landen.

Hintergrund der „VolleyRe:form 2025“

Hintergrund dieser Reform (sowie auch der Änderungen der vergangenen Jahrzehnte) sind das weitere Adaptieren/ Attraktiver machen des Sportspiels Volleyball um in Streaming und TV mehr Reichweite zu erzielen um so höhere Einnahmen, insbesondere durch Werbegelder, generieren zu können.

Ab wann gelten die Regeländerungen der „VolleyRe:form 2025“?

Alle genannten Änderungen der „VolleyRe:form 2025“ werden bindend bei allen nationalen und internationalen Wettkämpfen umgesetzt, erstmals in Deutschland in der Saison 2024/25. Die Änderungen treten auf allen Ebenen und Ligastrukturen (Männer/ Frauen/ Mixed/ Hobby/ Jugend) in Kraft.

Stimmen zur „VolleyRe:form 2025“

FIVB Präsident Dr. Ary Da Silva Graça Filho

(C) FIVB

Ich erwarte mir von der „VolleyRe:form 2025“ eine weitere Popularitäts-Steigerung von Volleyball auf der ganzen Welt. Schon jetzt spielen weltweit mehr Menschen Volleyball als jede andere Sportart. Durch die „VolleyRe:form 2025“ wird ein weiterer Ruck durch die Volleyball-Familie gehen und Volleyball bei jung und alt und auf jedem Niveau noch beliebter machen. Zudem wird Volleyball hiermit auch noch attraktiver für TV und Streaming. Auch hier erwarte ich einen Zuwachs – allein der FIVB-Events betreffend von 50%.

Max Hauser (Sportlicher Leiter WWK Volleys Herrsching)

Ich begrüße natürlich die Regeländerungen, vor allem, da wir schon seit Jahren mit unserem Libero Aufschlag trainieren und auf diese Änderung gehofft haben. Das kommt uns also sicherlich zu Gute – und es macht alle Liberos glücklich.
Die Änderungen machen aber auch insgesamt die Spiele interessanter.
Da wir noch nie wirklich gut Rückraum angreifen konnten, schwächt das alle – aus meiner Sicht also auch eine gute Änderung.
Meine persönliche Meinung zu den kurzen Sätzen ist, dass sie sogar nur bis 5 Punkte gehen sollten, da der Ausgang so noch zufälliger würde und man als Außenseiter mehr Chancen hätte. Aber 15 ist ein guter Anfang und schon mal besser als 25.

Nils Weickert (Bundesschiedsrichter Ausschuss; Mitglied für Aus- und Weiterbildung der Bundesligaschiedsrichter)

Nils Weickert (Bundesschiedsrichter Ausschuss; Mitglied für Aus- und Weiterbildung der Bundesligaschiedsrichter)

Gerne nehme ich als BSRA (Bundesschiedsrichter Ausschuss) Mitglied für Aus- und Weiterbildung der Bundesligaschiedsrichter zu den Regeländerungen im “VolleyRe:form 2025” Regelpaket Stellung.
In Bezug auf die Regeländerungen selbst kann ich sagen, dass jede Veränderung in einem Sportspiel sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen kann. Die Verkürzung der Sätze auf 15 Punkte mit einem Vorsprung von mindestens zwei Punkten sowie die Einführung des best-of-nine Modus könnten beispielsweise zu schnelleren und spannenderen Spielen führen. Dies führt aber auch dazu, dass es vermehrt Crunchtimes geben wird, was entsprechende andere Anforderungen an einen Spielleiter stellt. Um diesen geänderten Anforderungen auch gerecht zu werden sind wir schon dabei in den aktuellen Workshops entsprechende Skills zu erarbeiten.
Die Möglichkeit für den Libero als Aufschlagspieler zu fungieren, könnte den taktischen Spielraum erweitern und verlangt vom Schiedsrichter eine entsprechend höherer Aufmerksamkeit wenn wie geplant nach jedem Aufschlag der Libero gewechselt werden kann und somit als einziger Aufschlagspieler agieren könnte.
Allerdings könnte das Verbot des Landens im Angriffsraum nach Angriffen aus dem Hinterfeld einige Herausforderungen mit sich bringen, da dies eine häufige Situation in den meisten Spielen auf höherem Niveau ist. Dies nicht mehr als Fehler abzupfeifen trainieren wir zu Zeit schon intensiv in den wöchentlichen Workshops was leider schon dazu führte, dass in den aktuell laufenden Playoffs dies als Fehler abgepfiffen wurde. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass diese Auswirkung für die laufende Saison eher gering sein werden und wir den begonnen Weg so weiter führen werden um dann ab 2024/25 keine Fehlpfiffe zu haben.
Insgesamt stehe wir Schiedsrichter den Änderungen sehr positiv gegenüber und empfinden sie als richtige Weiterentwicklung unseres  Sports in eine Richtung angepasst auf die TikTok Generation.

Einschätzung von Volleyballfreak

Die Regeländerungen der „VolleyRe:form 2025“ haben es in sich und werden großen Einfluss auf das Spiel haben. Hier einmal der Reihe nach Einschätzungen von Volleyballfreak zu den einzelnen Änderungen.

Volleyballfreak-Einschätzung zu Regeländerungen den Punkt-, Satz-, und Spielgewinn betreffend

Nach der Regeländerung im Jahr 2000 mit dem Wechsel hin zum Rally-Point-System eine logische Weiterentwicklung. So richtig spannend wird es halt erst in der Crunch-Time – und warum auf diese 10 Minuten länger je Satz warten müssen? So ist jeder einzelne Punkt noch wichtiger. Das lässt den Druck für alle Spieler:innen steigen – macht es aber auch einfach spannender, kann doch schon eine Aufschlagserie von 3-4 Punkten für eine Vorentscheidung im Satz sorgen. Der Einfluss dieser Änderung wird sich grundlegend auch im Training wiederfinden (müssen), da alle Agierenden auf das dauerhafte Spielen in der Crunch-Time vorbereitet sein müssen.
Prominentestes Beispiel dieses Spiel- und Zählsystems ist wohl das Tischtennis. Hier hat eine Studie des Weltverbandes International Table Tennis Federation (ITTF) ergeben, dass die Attraktivität von Tischtennis im Fernsehen durch diese Änderung um 28% zugenommen hat.

Warum soll das nicht auch für Volleyball gelten?

Ein weiterer logischer Schritt wäre demnach auch das Ausweiten der Regel auf den Beachvolleyball.

Volleyballfreak-Einschätzung zu den Regeländerungen den Libero betreffend

Eine Regel, die schon einen echten Alltags-Test hinter sich hat, wird doch im College Volleyball in den USA schon seit mehreren Jahren mit dieser dem Weltverband abweichenden Regel gespielt. Die Wichtigkeit des Liberos steigt so weiter, zudem wird der Libero nicht zum Annahme-/ Abwehrspezialisten degradiert, sondern kann auch selbst aktiv punkten. Was sollte also gegen diese Fortentwicklung sprechen?

Volleyballfreak-Einschätzung zu den Regeländerungen den Angriff eines Hinterspielers betreffend

Diese Regel ist ähnlich wie die der Zählweise sicher ein echter Eingriff in die DNA des Sports. Gerade auf hohem Niveau ist der Hinterfeld-Angriff auf die bisherige Weise – sowohl bei den Männern als auch Frauen – nicht wegzudenken. Laut FIVB soll der Hintergrund dieser Änderung sein, die Dominanz des angreifenden Teams zu reduzieren und so für eine Verlängerung der durchschnittlichen Ballwechseldauer von 7 auf 10 Sekunden sorgen.
Interessant wird sein, wie die Trainer:innen und Spieler:innen mit dieser Regel umgehen und auch hier das Beste versuchen herauszuholen. Erwartbar wird der Anteil der Rückraumangriffe kurz und mittelfristig sinken. Das bedeutet auch mehr Druck für die Angreifer:innen im Vorderfeld – gepaart mit der Regel der kürzeren Sätze also immens mehr Druck für alle Beteiligten. Volleyballfreak hat vergangene Woche in einer Blitz-Umfrage unter den Bundesligisten nach Einschätzungen gefragt.

Spontane Reaktionen waren

  • Es wird eine nach-hinten-Verlagerung des Angriffsorts erfolgen um eine Landung hinter der Angriffslinie zu erreichen
  • Es wird mit Hinterfeld-Angriffen ohne Anlauf experimentiert
  • Hinterfeld-Angriffe werden eine deutlich untergeordnetere Rolle haben

Abschluss-Einschätzung von Volleyballfreak zur „VolleyRe:form 2025“

Die FIVB geht mit dieser Reform einen mutigen Weg. Die Änderung der Zählweise war schon lange überfällig, ebenso die Erweiterung des Funktionsumfangs des/ der Liberos/a. Ob die Änderung den Hinterfeldangriff betreffend gut für Volleyball sein wird, bleibt abzuwarten. Abzuwarten bleibt ebenfalls, welche Gegenstrategien die Teams entwickeln werden um den etwaigen Wegfall des Hinterfeld-Angriffs zu kompensieren. Es bleibt spannend…

Volleyballfreak-Tipp: Masterclass-Special | „VolleyRe:form 2025“ optimal für das eigene Team nutzen

Bereits am 10. April habt ihr die Chance in der Volleyballfreak Masterclass die Einschätzungen zu den Regeländerungen und das optimale Ausnutzen dieser von Vital Heynen und Max Hauser zu hören – und ihnen Fragen zu stellen.