Die Beachvolleyball-Welt wie wir sie in den vergangenen über zwanzig Jahren kennengelernt haben wird auf den Kopf gestellt. Nach Informationen von VolleyballFREAK-Redakteur Tobias Goerlich hat der Weltverband FIVB beschlossen, Beachvolleyball ähnlich wie Snow- und Beachvolleyball der Behinderten ab Beginn der Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris im 3 gegen 3 auszutragen.

Folgend könnt ihr unsere Infos chronologisch geordnet nachlesen. Wir sind sehr gespannt, was ihr zu den Plänen des FIVB denkt. Lasst gerne einen Kommentar da.

Hier die Chronologie der Ereignisse transparent für Euch zum Nachlesen:

  • Am 27. Februar führte ich mit Athanasios Papageorgiou ein Interview, welches am 14. März im Blog veröffentlicht wurde. In diesem Interview befürwortet Papageorgiou die Änderung im Beachvolleyball weg vom Spiel 2 gegen 2, hin zum 3 gegen 3. Er nannte hierfür diverse Gründe. Ziel sei es, Beachvolleyball attraktiver zu machen, unter anderem soll es durch die bessere Raumabdeckung zu einer Verlängerung der Ballwechsel kommen.
Interviewpartner Athanasios Papageorgiou beim Beachtraining in Köln
  • Am 15. März wurde mir von einer anonymen gmail-Emailadresse an meine VolleyballFREAK-Emailadresse eine als vertraulich gekennzeichnete Nachricht aus den Reihen des FIVB Exekutivkomitees weitergeleitet.
    • Im Betreff stand „Confidential: Final draft press release Beachvolleyball 3 vs 3“
    • Die Mail wurde ursprünglich aufgesetzt von FIVB Vizepräsident Kain Mac Sinnersen und war an alle Mitglieder des Exekutivkomitees gerichtet.
    • Inhalt der Mail ist die Frage, wann die FIVB mit seinem Beschluss, Beachvolleyball ab 2022 im 3 gegen 3 spielen zu lassen, an die Öffentlichkeit gehen soll
    • Ferner wurden folgende Gründe für die Entscheidung, Beachvolleyball in Zukunft als 3 gegen 3 spielen zu lassen, skizziert:
      • Die Entwicklung von Beachvolleyball und die Erschließung neuer Märkte stößt beim 2 gegen 2 an Grenzen
      • Verlängerung der Ballwechseldauer
      • Vergrößerung der Möglichkeiten für unterschiedliche Teamzusammensetzungen und Taktiken
      • Paris 2024 als optimaler Zeitpunkt
        • A) um noch drei Jahre Vorbereitung zu haben
        • B) ist Beachvolleyball als 3 gegen 3 in Frankreich nach wie vor beliebter als in den meisten Teilen der Welt und würde so beim Heimpublikum auf fruchtbaren Boden fallen
    • Noch am gleichen Tag habe ich die Mail an Steffen weitergeleitet und wir haben uns ausgetauscht:
      • Ist die Mail ein Fake? Wer steckt hinter der anonymen gmail-Adresse?
        • Erste Recherchen hierzu verliefen im Sande.
        • Wir haben keinen Hinweis finden können, dass die FIVB gerade an solch dramatischen Änderungen im Beachvolleyball arbeitet
  • Am 16. März schickten wir per Mail eine Anfrage an FIVB-Vizepräsident Kain Mac Sinnerson und erbaten Auskunft, ob Änderungen im Beachvolleyball geplant seien.
  • Ebenfalls am 16. März führte ich mit Jürgen Wagner ein bereits verabredetes Interview. In diesem fragte ich Wagner – ohne die Mail des FIVB zu erwähnen – was er von Änderungen im Beachvolleyball hin zum 3 gegen 3 halten würde. Als Aufhänger wählte ich mein Gespräch mit Athanasios Papageorgiou.
Mit Jürgen Wagner sprachen wir ebenfalls über das 3 vs 3
  • Am 17. März schickten wir eine weitere Mail an Mac Sinnerson sowie direkt an FIVB-Präsident Dr. Ary S. Graça F°. Ferner riefen wir im Hauptsitz in Lausanne an – ohne einen entsprechenden Ansprechpartner finden.
  • Am 18. März führte ich ein weiteres im Vorfeld der Deutschen Snow Volleyball Meisterschaften arrangiertes Interview mit Sarah Overländer. Auch sie fragte ich nach ihrer Meinung bezüglich einer Änderung der Teamzusammensetzung – ohne auf die Mail des FIVB einzugehen.
  • Zwischen dem 19. und 27. März schickten wir insgesamt 23 Mails an unterschiedliche Stellen der FIVB – ohne auch nur einmal eine Antwort zu erhalten. In Lausanne wurden wir per Telefon nicht zu Mitgliedern des Exekutivkomitees durchgestellt. Wir konnten auch keine direkte Durchwahl recherchieren.
  • Am 28. März dann endlich eine Antwort von Mac Sinnersen per Mail. Er wollte wissen, woher wir die Informationen hätten – nahm aber keine Stellung zur Richtigkeit.
    Noch am gleichen Tag antworteten wir, dass wir eine anonyme Mail bekommen hätten.
  • Am 29. März rief Mac Sinnersen mich an. Im Laufe des aufgezeichneten Gesprächs bestätigte er letztlich, dass der Inhalt der Mail korrekt sei und von ihm stamme. Er bat mich, diese Information noch bis Anfang April für und zu behalten.
    Am gleichen Tag habe ich mich mit Steffen hierzu besprochen. Wir haben entschieden, Mac Sinnersens Wunsch zu entsprechen und noch drei Tage mit der Veröffentlichung zu warten um dem FIVB Zeit zu geben, sich auf entsprechende Anfragen vorzubereiten.
  • Die folgenden Tage nutzen wir, um vertraulich mit weiteren Personen über diese explosive Info zu sprechen und diesen Text zu verfassen. Ebenso holten wir eine kurze Erklärung von Mac Sinnersen ein, mit dem Versprechen, mit der Veröffentlichung noch zu warten.
Sarah Overländer beim Angriff im Snow Volleyball
Bei der deutschen Snow Volleyball Meisterschaften 2018 wird bereits im 3 vs 3 gespielt.

Hier die Meinungen der Experten, die wir in der Kürze der Zeit zu einem Statement bewegen konnten:

1. Kain Mac Sinnersen, Vizepräsident FIVB, zuständig für die Entwicklung von Beachvolleyball

Beachvolleyball ist eine echte Erfolgsgeschichte. Damit diese fortgesetzt werden kann, sind Änderungen richtig und wichtig. Wir freuen uns mit Beachvolleyball als 3 gegen 3 ein international konkurrenzfähiges Format auf den Weg gebracht zu haben, mit welchem wir neue Märkte erobern möchten. Die Entscheidung von 1992 war ein Fehler. Wir möchten Beachvolleyball als 3 gegen 3 in seiner klassischsten Form 2024 in Paris „nach Hause“ bringen. Zusätzlich möchten wir mit der Angleichung Gründe abbauen, die Snow Volleyball daran hindern, olympisch zu werden.“

2. Jörg Ahmann

Jörg Ahmann
  • Mehrfacher deutscher Meister, Olympia 2000 Platz 4 mit Axel Hager, heute hat er die Leitung der A-Trainer-Ausbildung Beach inne und ist Leitender Bundestrainer für den DVV-Nachwuchs. In den 1990er Jahren hat er selber noch auf europäischer Ebene Beachvolleyball 3 gegen 3 gespielt:

Ich habe schon lange von diesen Bestrebungen gehört Volleyball, Beach-Volleyball und Snow-Volleyball zu vereinheitlichen. Nachdem der erste Schritt im Snow-Volleyball getätigt worden ist, wird es nun also Beach-Volleyball doch noch erwischen. Zwar erst nach den kommenden olympischen Spielen, aber trotzdem hat der Weltverband geschafft, was er wollte. Möglichst ähnliche Spielstrukturen und vor allem vergleichbare Regeln in allen Volleyball-Disziplinen. Ich gehe davon aus, dass auch die technischen Regeln weiter vereinheitlicht werden, also das Pritschen in der Annahme in allen Disziplinen zur Regel werden wird.

Ich persönlich halte gar nichts davon, hier haben sich wieder einmal Funktionäre wider besseren Wissens gegen die praktizierende Sportwelt durchgesetzt.“

3. Athanasios Papageorgiou, Trainerlegende und Ausbilder

Athanasios Papageorgiou links im Bild genießt bei der FIVB ein hohes Ansehen

Gratulation an den Weltverband, die Entscheidung ist längst überfällig gewesen und wunderbar. Für mich geht ein Herzenswunsch in Erfüllung. Dadurch wird es, wie schon beim Snow- und Beachvolleyball für Behinderte, viel mehr Möglichkeiten geben: Mit drei Universalisten, mit zwei Universalisten und einem Blocker oder Zuspieler oder Abwehrspieler. Die Variationen der Teamzusammensetzung sind damit viel größer als heute, wo immer ein sehr großer Blockspieler mit einem kleineren Abwehrspieler zusammenspielt. Auch taktisch ergeben sich dadurch viel mehr Möglichkeiten.“

4. Jonas Reckermann, Beachvolleyball Olympiasieger von 2012

Jonas Reckermann hat uns aus Zeitmangel – er steckt gerade in Examensstress – eine kurze Videobotschaft geschickt. In dieser befürwortet er die Änderung und stellt – bedingt durch die bessere Feldabdeckung – ein mögliches (wohl leider nicht ernst gemeintes) Comeback in Aussicht.

VolleyballFREAK-Einschätzung

Das Foto zeigt die VolleyballFREAKs Steffen (rechts) und Tobi(links). Im Hintergrund ist der Bachvolleyball Center Court des Stadion am Rothenbaum zu sehen.
VolleyballFREAK Tobi (rechts, hier beim Beach World Tour Final 2018 in Hamburg) gibt seine Einschätzung.

Nun hatte ich schon – im Gegensatz zu den sicher meisten Leserinnen und Lesern dieses Artikels – zwei Wochen Zeit mich mit der neuen Situation auseinanderzusetzen, mit Experten zu sprechen und deren Meinungen einzuholen. Ich kann die Argumente für und wider Beachvolleyball als 2 gegen 2 und 3 gegen 3 verstehen. Letztlich komme ich wie Jörg Ahmann oder auch Jürgen Wagner zu dem Schluss, dass die Angleichung von Beach-, Snow-, und Beachvolleyball der Behinderten nicht sinnvoll ist. Aus meiner Sicht sind alles für sich eigenständige Sportarten, die einen ähnlichen Spielgedanken haben – aber unterschiedliche Techniken und Taktiken beinhalten. Auf die Spitze getrieben sage ich: Es kommt ja auch niemand auf die Idee, Beach- und Hallenvolleyball – was die Anzahl der Spieler angeht – anzugleichen. Sei es 2 gegen 2 in der Halle oder 6 gegen 6 im Sand. Ferner halte ich es für zu kurz gedacht, dem französischen Verband mit dem 3 gegen 3 für Olympia in Paris ein „Geschenk“ machen zu wollen. Das ist mir zu willkürlich und nicht nachzuvollziehen. Ebenfalls nicht gut und ausgesprochen unprofessionell finde ich die Kommunikation, besser die Nicht-Kommunikation des FIVB. Gerade im Vorfeld einer so gravierenden Regeländerung sollten zumindest mehrjährige Tests durchgeführt werden.

Für mich wird ein attraktives, weltweit populäres Spiel dadurch im Kern verändert. Ob diese Änderung letztlich gut ist und z.B. die Ballwechseldauer verlängert, wird die Zeit zeigen müssen.

Ankündigung: Handbuch für Beach-Volleyball als Wettkampfspiel 3 gegen 3

Um dem veränderten Spiel und Strukturen Rechnung zu tragen, arbeiten wir gerade schon in Kooperation mit Athanasios Papageorgiou an einer komplett überarbeiteten Neuauflage seines Handbuchs für Beachvolleyball. Es soll gegen Ende des Sommers im Handel erhältlich sein. Wir halten Euch auf dem Laufenden!

Recherchiert und aufbereitet hat für Euch VolleyballFREAK-Redakteur Tobias Goerlich diesen brisanten Fall.

Bereits kurze Zeit nach dem Start des Blogs in 2014 schreibt Tobias regelmäßig für VolleyballFREAK. Mehr zu Tobias hier