Bereits beim DVV-Pokalfinale in Mannheim geisterte ein Gerücht durch die Halle – nun ist daraus eine Tatsache geworden: Wie der Deutsche Volleyball Verband (DVV) in einer Pressemitteilung am 31. März veröffentlichte, werden die Netzhöhen für Männer und Frauen um 15 % erhöht! Das bedeutet, dass das Netz für Männer von 2,43 m auf 2,80 m und für Frauen von 2,24 m auf 2,58 m angehoben wird. Die Anpassung soll der wachsenden Körpergröße und den verbesserten athletischen Fähigkeiten der Spieler:innen gerecht werden, so die Mitteilung.

Längere Rallies, mehr Spektakel

Der DVV geht diesen Weg koordiniert mit dem Weltverband (FIVB). Beide begründen die Entscheidung mit der kontinuierlichen Entwicklung des Sports. „Das Spiel ist schneller, athletischer und die Spieler:innen springen immer höher. Die Netzhöhe von 1947 entspricht nicht mehr den heutigen Gegebenheiten. Höhere Netze sorgen für längere Ballwechsel und ein spannenderes Spiel für Zuschauende und TV-Übertragungen“, heißt es in der offiziellen Mitteilung.

Geltungsbereich und Testphase

Die Änderung betrifft die Volleyball-Bundesliga ab der Saison 2026/27 sowie die 2. Ligen der Männer und Frauen, also die 2. Liga Pro und die 2. Liga. Nach einer einjährigen Testphase und ausführlicher Evaluation, die von der Deutschen Sporthochschule in Köln wissenschaftlich begleitet wird, wird entschieden, die Änderung dauerhaft umzusetzen, zu modifizieren oder aber wieder rückgängig zu machen. Sowohl die entsprechenden Ausschüsse in CEV und FIVB gutieren den innovativen Vorstoß des DVV. Nach positiver Prüfung würden die Änderungen ab 2027/28 weltweit umgesetzt werden. Für die deutschen Profis ergäbe das einen Vorteil, da sie schon ein Jahr länger mit den veränderten Bedingungen trainieren konnten. Dies kann für die erfolgreiche Qualifikation und Teilnahme bei Olympia 2028 in Los Angeles ein wichtiger Schlüssel sein.

Im zweiten Schritt werden dann auch die Netzhöhen in den unteren Ligen stufenweise angepasst. Ebenfalls betroffen sein werden die Mixed-Bewerbe sowie die Jugendligen. Eine Erweiterung auf Snow- und Beachvolleyball findet in einer separaten Evaluation in der nationalen Schweizer Snow- und Beachvolleyball-Serie statt. Hier wird das Netz ab 2026/27 um 5 % angehoben.

Sportanlagen-Hersteller bereiten sich vor

Auch die Industrie bleibt nicht untätig. Carola Klum, Vorsitzende des Verbands Deutscher Sportanlagenhersteller (VdeSAH), zeigt sich optimistisch: „Unsere Partner sind bestens vorbereitet. Die Produktion der neuen Pfosten läuft bereits auf Hochtouren, sodass Hallen schnell umrüsten können. Für ältere Pfosten sind spezielle Adapter in der Testphase, damit auch bestehende Anlagen einfach nachgerüstet werden können.“

Taktische und strukturelle Veränderungen – was kommt auf den Sport zu?

Mit einer so drastischen Änderung stellt sich die Frage: Wie wird sich das Spiel verändern? Trainer:innen spekulieren bereits über mögliche taktische Anpassungen. Die Ankündigung sorgt für hitzige Diskussionen in der Volleyballwelt. Während einige die Neuerung begrüßen, sind andere skeptisch.

Matthias Pack (Headcoach USC Münster)

Headcoach Matthias Pack, USC Münster: Foto (C) Conny Kurth

Headcoach Matthias Pack, USC Münster: Foto (C) Conny Kurth

Ich bin sehr froh über die neue Regeländerung. Obwohl ich mir einen kleineren Sprung (Erhöhung um 10%) wünschen würde, begrüße ich die Anhebung sehr. Es wird mit Sicherheit längere Ballwechsel und spannenderes Volleyball geben. Wir haben schon mit der Umstellung begonnen und trainieren die Hälfte unserer Trainingszeit auf das etwas höhere Netz. Die Zuseher:innen werden begeistert sein.

Tasos Vlasakidis (Trainer und mehrfacher Meister 2. Bundesliga Männer mit TuS Mondorf)

Tasos Vlasakidis (Trainer und mehrfacher Meister 2. Bundesliga Männer mit TuS Mondorf). Foto: Privat

Tasos Vlasakidis (Trainer und mehrfacher Meister 2. Bundesliga Männer mit TuS Mondorf). Foto: Privat

Ich finde die Idee grundsätzlich gut und auf den richtigen Weg aber ich glaube dass 15% Erhöhung in der 2.Liga wäre zu viel. Meine Vorschlag wäre 15% in Champions League und Nationalen Mannschaften, 10% in der 1. Liga und nur 5% in 2. Liga. Das wäre natürlich eine richtige Challenge für alle Trainer auch weil viele Elemente angepasst werden müssen.

Athanasios Papageorgiou (Trainer-Legende, Ehemaliger Chef-Ausbilder A-Trainer:innen-Ausbildung DVV, Volleyball-Innovator)

Athanasios Papageorgiou ist skeptisch ob der Änderung. Foto: Privat

Athanasios Papageorgiou ist skeptisch ob der Änderung. Foto: Privat

Meine bisherigen noch nicht abgeschlossenen Beobachtungen ergaben folgende Ergebnisse:

Bei den o.a. Regeländerungen gibt es sowohl positive als auch negative Aspekte, wobei die negativen deutlich überwiegen.

Bei diesen Netzhöhen der  Frauen und der Männer lässt die Effektivität des Sprungaufschlages deutlich nach und entsprechend ist die Qualität der Annahme höher. Dadurch ist die KI Situation noch dominanter, auch weil die Erhöhung des Netzes für die Angreifer, die aus einem ausgeprägten Anlauf agieren kein größeres Problem ist. Auf der anderen Seite stellt die Erhöhung der Netzes für die Blockspieler ein viel größeres Problem dar, weil sie nicht aggressiv genug übergreifen können und somit nicht effektiv sein können. Die Schwächung des Blocks führt auch zu Schwächung der Feldabwehr und somit zur Schwächung der KII Situation! 

Bei der durchschnittlicher Dauer der Ballwechsel ergeben sich hiermit voraussichtlich keine signifikante Unterschiede. Grundsätzlich sollten wir auf die Ergebnisse der Saison 2026/27 warten.

Allerdings habe ich bereits meine Empfehlung an den Weltverband schriftlich und mit Begründungen weitergegeben und gebeten, diese Regeländerungen auszusetzen. 

Stattdessen haben wir uns bereit erklärt, die gleiche Untersuchung durchzuführen, ABER die Erhöhung der Netze sollte 10% betragen. 

Ich bin sehr gespannt, wie die FIVB und die CEV auf meine Einwände und Vorschläge reagieren.

Hans Perdere (DVV-Materialprüfungsausschuss)

DVV-Logo. Quelle: DVV

DVV-Logo. Quelle: DVV

Die Anpassung der Netzhöhen bringt einige technische Herausforderungen mit sich. In Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Sportanlagenhersteller (VdeSAH) überprüfen wir aktuell, inwieweit Anpassungen an den Befestigungssystemen notwendig sind. Die neuen Pfostenanlagen haben bereits die nötige technische Prüfung (nach EN 1271, TÜV/GS geprüft) durchlaufen und bestanden. Die höheren Zugkräfte stellen auch bei andauernder Belastung keine Schwierigkeiten dar.

Elke Pani (DVV-Bundesspielausschuss)

Eine Anpassung der Netzhöhe hat weitreichende Auswirkungen auf das gesamte Spielgeschehen. Wir stehen im engen Austausch mit der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS Köln), wie sich die Veränderung auf Technik, Taktik und die unterschiedlichen Spielniveaus auswirkt. Besonders im Nachwuchs- und Amateurbereich müssen wir prüfen, ob und in welchem Umfang Anpassungen notwendig sind, um eine faire und nachhaltige Entwicklung des Sports zu gewährleisten.

Max Schmitz-Porten (Bundesliga-Schiedsrichter)

Max Schmitz-Porten Foto: refsoft/privat

Max Schmitz-Porten Foto: refsoft/privat

Na super – längere Ballwechsel, mehr Spektakel, mehr Spannung … und für uns Schiedsrichter? Mehr Zeit auf dem Schiedsrichterpodest! Ich hoffe, dass die neuen Netzhöhen auch mit einer ergonomisch geformten Sitzgelegenheit für uns einhergehen – oder zumindest mit einer Runde Rückenmassage nach jedem Spiel.

Aber Spaß beiseite: Die Erhöhung der Netzhöhe ist eine konsequente Anpassung an das moderne Spiel. Seit Jahren sehen wir, wie die K1 im Spitzenbereich immer hochprozentiger wird, die Aufschläge risikoreicher und die Ballwechsel immer kürzer und unattraktiver. Mit der neuen Höhe müssen sich die Spieler nicht nur physisch, sondern auch taktisch nochmal weiterentwickeln. Mehr clevere Angriffe, mehr individual- und mannschaftstaktische Herausforderung, mehr spektakuläre Abwehrreaktion wird die Folge sein – kurz gesagt: ein Fest für alle, die Volleyball lieben!

Für uns Schiedsrichter bedeutet das allerdings auch, dass wir uns auf längere Spiele einstellen können. Grade in den unteren Leistungsbereichen muss man perspektivisch schauen, ob die Mannschaften dann überhaupt noch Punkte erzielen und es nicht in ein miteinander ausartet, weil keiner den Ball auf den Boden bekommt. Insbesondere für Schiedsrichter mit Familie wird es dann unattraktiv bei diesen Marathon-Spielen zu pfeifen. Da muss dann vielleicht nochmal nachgesteuert werden – ich werde mir vorsichtshalber schon mal ein paar bequemere Schuhe besorgen.

Björn Barnick (B-Schiedsrichter)

Ich finde die Anpassung der Netzhöhe wichtig und richtig und hätte sie mir schon vor einigen Jahren während meiner aktiven Zeit als Spieler gewünscht. Wie oft sah ich da im Block schlecht aus, weil der Angreifer mal wieder den Ball unter meiner Achselhöhle durchgeschlagen hat.

Trotz dieses ersten positiven Eindrucks müssen die Offiziellen aber weitere Fragen zeitnah beantworten. Die Spiele werden dadurch nicht nur interessanter, sondern ganz sicher auch deutlich länger. Das bedeutet, dass sich auch die durchschnittlichen Einsatzzeiten der Schiedsrichter:innen enorm steigern werden, was dringend in einer Anpassung der Einsatzgelder münden muss. Da es allerdings auch heutzutage schon gerade bei langen und umkämpften Spielen sehr schwierig ist, über die gesamte Spielzeit hinweg die notwendige Konzentration aufzubringen, sollte man überlegen dazu überzugehen, dass man Spiele nicht mehr mit 2 Schiedsrichter:innen besetzt, sondern zukünftig mit 3. So könnte man Satzweise rotieren und bekommt spätestens nach 2 Sätzen eine Pause.

Weitere Statements zur Regeländerung

Pro:

  • Lukas Kroll, 2. Liga Nord: „Ich finde es super! Endlich wird Volleyball noch anspruchsvoller. Spieler mit echtem Sprungvermögen werden belohnt, und wir können unsere athletischen Grenzen weiter ausreizen.”
  • Mona Steininger, Trainerin eines 2. Liga Pro-Teams: „Wir passen unser Training ohnehin regelmäßig an. Diese Änderung wird das Spiel verändern, aber es ist eine Herausforderung, auf die wir uns freuen!”
  • Dr. Sebastian Walter, Sportwissenschaftler: „Aus sportmedizinischer Sicht ist die Änderung nachvollziehbar. Spieler heute haben einen viel höheren vertikalen Sprung als noch vor 50 Jahren. Warum sollte das Netz auf dem gleichen Stand bleiben?”

Contra:

  • Marlene Schäfer, Kapitänin eines Zweitligisten: „Das ist doch absurd! Technik und Spielwitz sollten über roher Athletik stehen. Damit werden kleinere Spielerinnen komplett benachteiligt!”
  • Uwe Kramer, Schiedsrichter mit 20 Jahren Erfahrung: „Das wird für uns Offizielle nicht einfacher. Ein höheres Netz bedeutet automatisch mehr Netzberührungen und damit mehr Unterbrechungen. Das widerspricht doch dem Ziel, das Spiel flüssiger zu gestalten!”
  • Monika Döring, Nachwuchskoordinatorin im BVV: „Ich habe große Zweifel, ob das wirklich die richtige Richtung für unseren Sport ist. Die Nachwuchsarbeit wird schwerer, weil junge Spieler:innen mit dem hohen Netz überfordert sein könnten.“

Fazit: Evolution oder Revolution?

Ob diese drastische Änderung Volleyball wirklich attraktiver macht oder es eher komplizierter wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Die Diskussion wird in den kommenden Monaten heiß weitergehen – spätestens bis zum 10. April 2026, wenn die neue Regel offiziell in Kraft treten wird.