Hier kommt der 3. Gastartikel von Christina Frese zum Thema Reintegration nach einer Kreuzbandoperation. Die ersten beiden Artikel lest ihr hier:


Und jetzt viel Spaß mit dem 2. Teil!

Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten. (Konfuzious)


… und genau aus diesem Grund suchten mich damals zwei Kreuzbandrisse Heim.

Das Bild zeigt Fitnesswarrior und Volleyballerin Christina Frese

Gastautorin Christina Frese

Unwissenheit, Naivität gebündelt mit einem unglaublichen Ehrgeiz auf dem Volleyballfeld. Ich war der festen Überzeugung, dass der erste Riss primär Pech war und mich nun das alleinige Krafttraining an den Geräten schützen würde. Muckis sollen das ja nach allgemeiner Lehrmeinung tun. Genau neun Monate ging das Ganze gut, dann war meine andere Seite dran. Beim zweiten Mal habe ich dann alles etwas anders und ich glaube auch besser gemacht. Stolze vier Jahre bin ich nun verletzungsfrei. (das ist für meine Wenigkeit verhältnismäßig wirklich lang! :D)

In diesem Artikel schildere ich dir nun also kurz, worauf du:

  1. bei der Integration in den Volleyball achten solltest,
  2. wie du dich vorbereiten kannst,3. und wie du auch in diesen langen 6-8 Monaten deinen Volleyball mit reinem Gewissen zwischen den Fingern spüren kannst.

Bei dem letzten Artikel habe ich nur ein paar Worte zur frühen postoperativen Phase verloren. Ab hier kommen wir nun zum volleyballspezifischen Teil, der ungefähr 2 Monate post-OP anfängt.

2. Monate Post-OP- Sprungtraining:

Was müssen wir alle beim Volleyball ständig tun?

Richtig: Springen für den Angriff und Ausfallschritte zu den Seiten für die Abwehr!

Wer von euch hat schon mal ein gezieltes Sprungtraining zur Vorbereitung absolviert? Ich wette noch nicht mal 5%! Ich habe schon so viele Sportler gesehen und gefragt. Die Antwort ist fast immer die Gleiche: Nein. Wieso?

Naja, wie willst du dich beim Training auf dein Knie, den Ball, den Gegner und vielleicht auch noch auf deinen Mitspieler konzentrieren? Das muss ja in einer absoluten Überforderung des Gehirns und Fehlbewegungen mit Schonhaltung enden. Deshalb ist es unerlässlich, dass du besonders früh mit einem geeigneten Sprungtraining startest. Erst beidbeinig, dann einbeinig. Die stabile einbeinige Landung muss unterbewusst so gut ablaufen, dass du auch bei Ablenkung immer sicher landest. Die Kriterien dazu findest du alle im Präventionsartikel.

Außerdem müsstest du bei mir im Training gut landen können, bevor ich dich auf die Laufbahn schicke. Denn auch beim Laufen haben wir einbeinige Unterstützungsphasen. Viele können nach der Operation einbeinig gar nicht gut stabilisieren, sodass sie beim Laufen starke Probleme mit den Knien haben. Das Knie tut halt, was es will – bei jedem Schritt.

Wie fängst du nun am Besten mit dem Sprungtraining an?

1. Kniebeugensprünge: Du machst eine Kniebeuge und springst in die Höhe und landest dann wieder in einer sauberen Kniebeuge. Mach das Ganze an einer Wand, damit die Knie schön hinten bleiben. Später kannst du dann auch an das Netz gehen- Bitte doch einen Freund ein Ball an die Netzkante zu halten, den du dan runter drückst. Wenn du sicherer bist, kann er den Ball auch nach rechts oder links ausstrecken. Im Endeffekt ist das eine „normale“ Blockübung. Im dritten post-OP Monat kannst du auch gern den Kreuzschritt am Netz vorher einbauen. Wichtig dabei ist: alles langsam, kontrolliert und mit einer geraden-Becken-Bein-Achse!
2. Einbeinige Sprünge: Zunächst wippst du nur auf einem Bein, dann machst du kleine Sprünge auf einem Bein, wobei du dich mit der Gegenseite noch etwas abstützen darfst und schließlich machst du einbeinige Sprünge.
3. Fast Feed: Schulung der Beweglichkeit und Koordination. Auf Tempo. Nach vorne, nach hinten, schmal und breit. Die typische Lösebewegung vom Netz. Alles auf dem Vorfuß ist prinzipiell entlastend für dein vorderes Kreuzband, da du dadurch deine hintere Oberschenkelmuskulatur aktivierst.

Weiter unten findest du ein kleines Youtube-Video von mir (leider auf englisch), wo ich dir noch mal genau erkläre, was du beachten solltest.

 

3 Monate – volleyballspezifisches Sprungtraining:

Wie bereits oben erwähnt kannst du nun etwas aktiv am Netz werden. Dazu gehören neben Blocksprüngen auch erste Angriffsbewegungen. Damit du dich voll auf eine saubere Ausführung konzentrieren kannst, passiert das Ganze erst mal ohne Ball, dann mit Zuwurf und Fangen und dann erst mit einem Angriff! Jeder Trainier, der dich unter Druck setzen will, weil du mal aus Angst einen Ball nicht schlägst, sondern fängst… lass dich nicht beirren. Es ist dein Knie! Die Angst und Furcht sind dann an gewissen Stellen noch Schutzreflexe, die sich von ganz alleine abbauen, sobald du wieder mehr im Spiel bist! Das kann auch noch ein Jahr nach der Op so sein. Übertrete diese innere Linie nicht, denn dann kannst du auch schnell scheitern! Lerne deinen Körper und die Grenzen kennen.

~3-4 Monate – Lauftraining

Wir wollen uns ja auch auf dem Volleyballfeld bewegen. 😉 Deshalb ist ein Lauftraining zur Vorbereitung absolut sinnvoll. Du solltest dies aber erst tun, wenn du gut und sicher landen kannst. Nicht vergessen!

Zuerst startest du mit den bekannten Koordinationsläufen: Seitgalopps, Anhaken der Ferse, Kreuzschritte, rückwärts laufen etc. etc. Dabei solltest du stets in einer leichten Kniebeugung sein, um dein vorderes Kreuzband zu entlasten. Außerdem sollten alle Bewegungen stets auf dem Vorfuß durchgeführt werden aus dem oben genannten Grund. Achte bei den Übungen auch auf einen angespannten Rumpf und lass ihn nicht wie ein Pendel durch die Gegend schwingen.

Die Beine arbeiten, der Rumpf ist fest. Das spart auch ungemein Energie!

Beim Joggen fängst du dann mit kleinen Runden, maximal einem Kilometer (!), an. Das sind immerhin 500 Sprünge für dein Knie. Das reicht anfangs! Mit der Zeit kannst du dann die Distanzen steigern. Manche empfehlen ihren Patienten erst wieder nach 5-7 Monaten zu laufen auf Grund der hohen Belastung des VKB… seid also wirklich zurück haltend, was das Laufen betrifft.

Dann steigst du in das erste Sprinttraining ein. Fang mit 50 Meter Sprints an. Laufe dabei etwas sachte aus und stopp nicht von 100 auf 0. Wir brauchen hier keine Bestzeiten zu unterbieten 😉 Dann steigere dich auf 100 Meter – Läufe.

4-5 Monate: sportartspezifische Vorbereitung

Überleg dir doch mal selbst, was du die ganzen 90 Minuten im Training auf dem Volleyballfeld so anstellst. Welche Bewegungen kommen bei dir ständig vor? Was sind typische Laufwege und Distanzen? Bist du Mittelblocker und musst viel hüpfen oder doch eher Steller und 6-7 Meter Sprints auf das Parkett legen, weil die Annahme einfach nie kommt? Brich die Sportart auf ihre grundlegenden Elemente runter und studiere sie dann ein. Aus den Teilen wird schließlich wieder ein Ganzes 🙂

Dabei kannst du auch an bestimmten Stellen schon wieder Bälle in dein Training integrieren. Versuch einen Ball, den ein Partner an der Gegenseite hoch hält, zu blocken. Mache Abwehrtraining mit zugeworfenen Bällen, wobei du nun auch nach vorne und hinten laufen kannst. Leg dich auf den Bauch und versuche einen Ball zu erlaufen. Lass einen Partner in die Hände klatschen und dreh dich um. Mache also die ersten sportartspezifischen Sachen, aber mit Bedacht und höchster Aufmerksamkeit. Analysiere deinen Bewegungen. Bist du bei der Drehung auf dem Vorfuß? Knickst du mit den Knien durch Ablenkung eines Partners oder Balls doch nach innen? Viele sagen: Trainiere mit angezogener Handbremse. Das geht schief.

Versuche dein Knie nicht krampfhaft zu entlasten, sondern versuche es sinnvoll und bewusst wieder in deine Bewegungsabläufe zu integrieren. Nur dann kommst du ans Ziel!

Diese Zeichnung zeigt eine Übung, die du wunderbar als Integration in den Sport machen könntest. Neben einem Annahme- und Blocktraining, sind auch Vorwärts- und Rückwärtsläufe mit dabei. Die Bälle sollten aber gezielt geschlagen (sonst geworfen) werden und du solltest nur ~70% deiner maximal möglichen Geschwindigkeit umsetzen.

6 Monate: Integration in den Sport

Steige in das Warm-up mit ein. Lockere Annahmezirkel, Stabilitätstraining, Aufschläge, Angriffsschläge aus dem Stand, Blocksprünge am Netz usw. Steigere dich dann zu Übungen, wo du den Ablauf vorher kennst. Dazu gehören Powerübungen mit Angriffsschlägen und kurzen Bällen als auch „Standübungen“ (wo du primär auf einem Flech stehst). Übungen, wo der Ball in alle Richtungen fliegen kann, sind tabu! Das ist zu viel am Anfang. Feldspiel sollte noch mindestens 2 Monate warten. Das ist mein Bauchgefühl. Genauer gesagt: erst wenn du dich komplett sicher in einfacheren Übungen fühlst, steigerst du dich zu schwierigeren. Irgendwann kannst du dann auch auf dem Feld wieder voll dabei sein.

Hier stelle ich dir ein kurzes Video mit guten Warm-up Übungen zur Verfügung, die zur Stabilisation und Aktivierung des sensomotorischen System beitragen als auch deine Beinmuskeln auf die Aktivitäten vorbereiten.

7-8 Monate: Integration in das Spiel

10-15 Minuten. Mehr solltest du anfangs nicht spielen im Training. (also Feldspiel) Dafür aber 100% konzentriert und fit! Muskelkater ist tabu, mentale Abwesenheit genau so. Andern falls betrittst du das Volleyballfeld erst gar nicht. Ich kenne einige, die sich nach ein paar Trainingseinheiten oder nach ein paar Monaten wieder das Band gerissen haben. Es ist es nicht wert! Dafür war die ganze Arbeit einfach zu schade.

Ich hoffe, ich konnte dir nun einige Inspirationen bzgl. der Reintegration in das Volleyballtraining geben. Wie du liest, muss man viele Dinge beachten. Doch nicht nur bei der Rehabilitation, sondern auch bei der Operation gibt es große Unterschiede.

Durch einen ganz glücklichen Zufall, durfte ich einen hervorragenden Operateur kennen lernen, bei dem ich nun einen Monat hospitiert habe. Er hat eine eigene Methode, die sich „All-Press-Fit“ nennt. Die Patienten haben nach drei Tagen kaum Schwellung und gehen nach einer Woche. Ich bin so angetan, dass ich mich nun entschlossen habe, euch auch an diesem wertvollen Wissen Teil haben zu lassen. Denn auch die Operationstechnik sowie der Operateur selbst beeinflussen das Ergebnis recht stark. Seid also gespannt!

Mit volleyballerischen Grüßen,
Christina

Danke Christina für diesen weiteren tollen Artikel. Wenn ihr mehr von Christina lesen wollt, schaut einfach mal auf www.fitnesswarrior.de vorbei.

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