Ich bin sehr sauer auf Tigin!“

Die klare 0:3 Niederlage von Süha Sami Yağlıoğlus Team gegen die Mannschaft seines Sohnes Tigin hat hörbar Spuren hinterlassen. „Unser Matchplan war, druckvoll aufzuschlagen. Das ist uns heute gelungen“, so ein sichtlich zufriedener Yağlıoğlu jun. nach dem Spiel. In nur 68 Minuten unterlag Bad Laer dem TSV Bayer 04 Leverkusen in der 2. Bundesliga der Frauen. Sportlich war das Spiel arm an Höhepunkten. „Wir haben Leverkusen leider nicht ärgern können. Meine Spielerinnen hatten nicht ihren besten Tag“, so Bad Laers enttäuschter Trainer. Sohn Tigin pflichtet bei: „Das Spiel war leider sehr kurz und leichter als gedacht.“

Der Kontrast zwischen der Bedeutung und Vorfreude vor dem Spiel, und der Spannung im Spiel selbst war für beide Trainer riesig; „50 Freunde und Verwandte sind teils aus Istanbul gekommen um das Spiel zu sehen“, so Mutter Yurdagül. Tigin sagt im Vorfeld zu seinen Spielerinnen, dass es „für mich wahrscheinlich das besonderste Spiel meines Lebens ist, aber das kann für euch egal sein.“

Und dabei waren die Vorzeichen für Bad Laer nach dem 3:1 Sieg im Hinspiel nicht schlecht. Leverkusen hatte karnevalsbedingt ein paar Probleme in der Vorbereitung: „Ich habe mit Kätzchen und Mäuschen trainiert, wenigstens konnte ich so die Overländer-Twins besser auseinanderhalten“, sagt Tigin lachend.

Aber von vorne: Begonnen hatte der Tag noch sehr harmonisch: „Mein Vater ist schon am Nachmittag gekommen. „Ich musste noch bügeln, dabei hat Papa geholfen. Dann haben wir noch lecker gemeinsam gegessen und sind zusammen zur Halle gefahren.“ „Wir sind ja immerhin Papa und Sohn“, so Süha Yağlıoğlu. Über Volleyball oder gar das Spiel hätten die beiden nicht gesprochen, „wir haben in den letzten Wochen so viel über das Spiel gesprochen – es gab einfach nichts mehr.“

Ab Anpfiff gingen beide Trainer das Spiel so professionell an wie jedes andere auch – mit einer Ausnahme: Bei der obligatorischen Fair-Play-Begrüßung ergriff Tigin die Hand seines Vaters und küsste sie. Was als Ehrenbekundung gedacht war, „hat mich schon ein wenig aus dem Konzept gebracht, ich konnte mich nicht mehr auf meine Mannschaft konzentrieren – das war also eine gute Taktik von Tigin“, lacht Süha Yağlıoğlu.

Im Spiel lässt Leverkusen die Muskeln spielen und dominiert nach Belieben. Hinten raus kann Tigin sich sogar den Luxus erlauben, Jugendspielerin Finja Schul einen ersten Kurzeinsatz zu verschaffen.

Die Seitenwechsel zwischen den Sätzen waren für Tigin dennoch etwas Besonders. Da gab es ein kurzes Augenzwinkern und ein Schulterklopfen von seinem Vater und Trainervorbild. Vater Süha aber betont: „Das hat mit meinem Sohn nichts zu tun gehabt, das mache ich auch mit anderen jungen Trainern.“

Während des Spiels haben sich beide Trainer auf ihre Aufgabe konzentriert und nicht den Kontakt zueinander gesucht. „Wenn Leverkusen einen Punkt gemacht hat, war ich traurig. Ich wollte schließlich gegen meinen Sohn gewinnen, so Yağlıoğlu sen.“ Es war der normale sportliche Wettkampf wie mit jedem anderen Trainer auch, sagt auch Tigin.

Als nach gut einer Stunde der letzte Ball ausgespielt war, wurde aus zwei gegnerischen Trainern wieder bloß Vater und Sohn. „Ich bin sehr stolz auf meinen Sohn, er hat sehr gut gecoacht. An unserem Verhältnis hat das Spiel nichts geändert. Leverkusen war gut vorbereitet und hat seinen Heimvorteil ausgenutzt.“ Ob ein nächstes Spiel, wenn es enger wird, ähnlich harmonisch abläuft, ist sich Yağlıoğlu sen. nicht sicher. „Das müssen wir mal gucken“, sagt er lachend.

Yurdagül Yağlıoğlu hat im Hinspiel noch zu Sohn Tigin gehalten, war „dieses Mal mehr für meinen Mann, ganz klar. Weil ich sofort gemerkt habe, dass sein Team keine Chance hat.“ Es war ein schöner Tag für uns als Familie, mit so vielen Freunden und Familienmitgliedern auf der Tribüne“, unterstreicht sie weiter. „Leider haben wir es verpasst, mit unserem Fanblock ein gemeinsames Foto zu machen“, bedauert Tigin.

Zwei Tage später ist Familie Yağlıoğlu noch immer gemeinsam im Elternhaus in Hamm. Das Match ist bereits abgehakt, „wir haben nicht so viel über das Spiel gesprochen. Rein sportlich war vieles einfach klar, sagt Tigin mit knurrendem Magen. „Er bekommt schon seit zwei Tagen nichts zu essen“, wie Süha Sami Yağlıoğlu direkt mit einem Lachen in der Stimme nachschickt.

Ach ja. Das mit dem Sauer sein auf seinen Sohn war natürlich auch bloß ein Scherz.

Ein herzlicher Dank geht an Yurdagül, Süha und Tigin Yağlıoğlu für das interessante, offene Gespräch.

VolleyballFREAK wünscht beiden Trainern mit ihren Teams eine erfolgreiche Rest-Saison und hoffentlich ein spannendes nächstes „Familienduell“ in der kommenden Spielzeit.

Das Interview führte VolleyballFREAK-Redakteur Tobias Goerlich. Bereits kurze Zeit nach dem Start des Blogs in 2014 schreibt Tobias regelmäßig für den VolleyballFREAK. Mehr zu Tobias hier