Jeder Volleyballer hat das schon einmal erleben müssen: Es zwickt in der Schulter, es sticht im Knie oder der letzte Bänderriss im Sprunggelenk macht immer noch Probleme.

Aber natürlich kennen das auch Sportler aus allen anderen Sportarten – leider! Aber wie lassen sich akute Verletzungen (einmalige, größere Traumata wie Bänderrisse, Überdehnungen und Muskelverletzungen) oder auch Schäden durch langanhaltende Überlastung und Verschleiß verhindern oder minimieren?

Alle Verletzungen werden sich leider nicht vermeiden lassen, da selbst- oder unverschuldete Unfälle mit oder ohne Partner/ Gegner/ Sportgerät-Einwirkung nie auszuschließen sind! Sicherlich kann das Risiko, eine Verletzung zu erleiden aber durch einige Maßnahmen vermindert werden, zu nennen sind hier die Stichworte Kraft, Ausdauer und Koordinative Fähigkeiten. So hilft eine gut-ausgebildete intermuskuläre Koordination, Bälle im Angriff auszugleichen und Schulterverletzungen zu vermeiden, aber auch die nötige Ausdauer hilft, Verletzungen nach langen, intensiven Ballwechseln oder gegen Ende von harten Matches zu vermeiden. Eine gut ausgebildete Rumpfstabilität (Kraft) hilft zudem bei nahezu jeder Aktion im Volleyball, sicher und geschützt aus dem Spiel zu gehen.

In diesem Post möchte ich Euch Tipps zur Prävention geben und mit einigen hartnäckigen Gerüchten aufräumen.

Vorab: Sportwissenschaft und ihre Methoden sind einem ständigen Wandel unterzogen. Beim Thema Dehnen merkt man das wohl am besten: Was vor einigen Jahren noch als richtig galt, ist nach heutigem Stand der Wissenschaft falsch. Ich bin gespannt, was in 10 Jahren hiervon noch als richtig gilt – oder ob wir uns dann mit ganz neuen Erkenntnissen auseinander setzen müssen.

Im Folgenden Hinweise zu aktuellen trainingswissenschaftlichen Theorien sowie zu konkreten Tipps für die Praxis in der Halle und Sand.

Viel Spaß damit & bleibt oder werdet gesund!

1. Erwärmung

Eine Quelle für Gerüchte und Unwissenheit beginnt direkt in der ersten Phase des Trainings: Der Erwärmung. Hier gibt es in der Sportwissenschaft kontroverse Diskussionen. Viele Empfehlungen in der Literatur und dem Alltag stammen aus Gewohnheiten (das habe ich schon immer so gemacht, damit geht es mir gut!) – sind aber in der Regel nicht ausreichend zu belegen.

Die Erwärmung dient, platt ausgedrückt, der Vorbereitung auf Training oder Wettkampf, wie auch immer diese aussieht.

Allgemeine Erwärmung

Durch die allgemeine Erwärmung sollen Reize auf das Herz-Kreislaufsystem ausgeübt werden, am besten durch dynamische, aber zyklische Bewegungen, sprich: Laufen dürfte in Volleyball- oder Beachvolleyball-Trainings die einfachste Möglichkeit sein, Seilspringen ist auch eine gute Möglichkeit, da sich auch hier die Durchblutung der Muskulatur steigert.

Spezielle Erwärmung

Die spezielle Erwärmung bereitet auf die jeweilige sportliche Belastung vor, im Falle von Volleyball also auf kurze Antritte, Schlagbewegungen und Sprünge. Auch Dehnen, wenn es dynamisch und Volleyball-spezifisch ausgeführt wird, ist sinnvoll (mehr zu Dehnen weiter unten im Text).

Nicht belegt ist, dass durch Erwärmung weniger Verletzungen entstehen, hierfür ist der Aufwärmprozess zu unterschiedlich durchgeführt um darüber Aussagen machen zu können.

Was passiert in der Erwärmungsphase? Die Körperkerntemperatur erhöht sich von ca. 37°C auf 38°C, so dass die Reaktionsgeschwindigkeit der Muskeln sowie verschiedener Stoffwechselprozesse schneller ablaufen sollen – auch der positive Effekt hiervon wird in Frage gestellt.

Belegt ist aber, dass Bänder und Sehnen durch die Erwärmung eine höhere Dehnfähigkeit erlangen.

VolleyballFREAK-TIPP: Allemal hilft Erwärmung aber, sich durch Rituale „im Kopf“ auf die sportliche Belastung vorzubereiten, „Einspielen“ kann die intermuskuläre Koordination steigern. Um eine Ermüdung vor dem eigentlichen Training zu vermeiden, reichen hier allerdings insgesamt ca. 10 Minuten aus.

2. Dehnen und Stretching

Dehnen und Stretchen ist in der Sportwissenschaft wahrscheinlich den größten Wandeln der letzten Jahrzehnte unterworfen gewesen.

Dass Dehnen Verletzungen vorbeugt, kann nicht nachgewiesen werden, zumal statisches und gehaltenes Dehnen, wie so häufig in Hallen gesehen. Dies fördert die Flexibilität, senkt aber die Muskelspannung, die für Antritte und explosive Sprunge und Schlagbewegungen aber von Nöten sind.

In Sportarten wie Turnen, bei welchen große Winkel der Gliedmaßen erreicht werden müssen gilt dies nicht, im Volleyball ist das aber ja in aller Regel nicht der Fall.

3. Koordination

Koordinationstraining, im Sinne der intermuskulären Koordination (also dem Zusammenspiel aller Muskeln in einer Bewegungskette) ist wichtig, um Unfälle zu verhindern. Die richtige Körperwahrnehmung kann helfen, Verletzungen vorzubeugen, also:

Wie führe ich die Schlagbewegung situativ-angemessen und richtig aus, ohne eine Schulterverletzung zu provozieren?

Wie „time“ ich meinen Anlaufrhythmus, um den Ball am höchst-möglichen Punkt zu treffen und dennoch sicher zu landen?

4. Krafttraining

Eine gewisse Basiskraft wird für jede Sportart benötig, im Volleyball ist dies vor allem die Stabilität im Rumpf – und zwar sowohl um Leistung bringen zu können als auch als Prävention von Verletzungen!

Aber auch muskuläre Dysbalancen (bei Volleyballern und anderen „Überkopf-Sportlern häufig eine zu stark ausgeprägte Brust- und vorne-ansetzende Schultermuskulatur im Vergleich zu einer zu schwach-ausgebildeten Rückenmuskulatur) kann durch gezieltes Krafttraining verhindert werden und so klassische Verletzungen wie das „Impingement-Syndrom“ verhindern. Zu achten ist hier im Sinne der Verletzungsprophylaxe auf eine korrekte Ausführung der Übungen!

5. Verbände, Tapes und Bandagen

Beliebt und im Volleyball auf jedem Niveau in unterschiedlichsten Ausprägungen zu sehen sind alle Arten von Tapes und Bandagen. Gerade Knie- und Sprunggelenksbandagen sollten aber nicht „prophylaktisch“ getragen werden, da diese nicht immer für „echte“ Stabilität im Gelenk sorgen, und die Bänder, Sehnen und Muskulatur durch das Tragen nicht mehr an die eigentliche Belastung gewöhnt ist. Zudem können so vorgeschädigte Strukturen weiter be- und überlastet werden.

6. Allgemeine VolleyballFREAK-TIPPS zur Verletzungsvorbeugung

Einige Punkte sollten generell und immer, wenn ihr Sport macht, beachtet werden:

  • trinkt vor und währenddessen keinen Alkohol. Volleyball ist koordinativ anspruchsvoll und eh schon schwer genug. Zudem seid ihr bei Unfällen nicht versichert, und ihr gefährdet andere Spieler durch Euer Verhalten

  • schlaft ausreichend

  • tragt passendes, sicheres Material (Schuhe)

  • tragt wetterangepasste Kleidung (wärmend <-> sonnenschützend beim Beachvolleyball)

  • bei weiteren Risiko-Sportarten: Tragt Protektoren!

Der wichtigste Punkt zuletzt: Schätzt das eigene Können realistisch ein!

7. Was heißt das für den Trainingsalltag?

Hier eine kleine Zusammenfassung:

  • Erwärmung, wie sie häufig praktiziert wird mit
    Dehnen, Einlaufen, Kraft und langem Einspielen muss nicht so durchgeführt werden.
    Fühlen sich Spieler (auf unterem Niveau) mit ihrem Ritual wohl und es ist nicht kontraproduktiv oder stört den Trainingsablauf: Lasst sie ruhig weiter machen. Setzt Sie aber ruhig kritisch mit ihren Methoden auseinander.

  • Haupt-Verletzungsphasen im Training sind die Erwärmung (beim Fußball spielen, wer kennt es nicht?) und gegen Ende des Trainings, wenn die Ermüdung die Koordination erschwert. Anspruchsvolle Trainingsinhalte sollten also nicht gegen Ende ausgeführt werden.

  • Einige Volleyballer/ Sportler haben schon eine lange Liste an Vorschädigungen. In diesen Fällen ist es völlig richtig und ok, wenn diese sich ein wenig mehr Zeit nehmen um sich auf die kommende Belastung vorzubereiten und spezielle Übungen zu machen

  • Haltet Eure Kenntnisse durch den regelmäßigen Besuch von Trainerlehrgängen aktuell – lest darüber hinaus in einschlägiger Literatur und beim VolleyballFREAK nach ! In einigen Jahren kann der Stand der Wissenschaft schon wieder ein anderer sein…

  • trainiert mit Spaß!

Ich hoffe, ich konnte Euch hiermit ein wenig helfen und einige fragliche Punkte ansprechen und aufklären. Viel Spaß und Erfolg mit meinen Tipps, ich bin gespannt, was ihr dazu denkt! Hinterlasst mir gerne einen Kommentar,

Euer VolleyballFREAK Steffen